Wann sind zwei Bilder gleich?

Fragt man danach, ob zwei Bilder gleich sind, dann fragt man nach deren Ähnlichkeit, genauer: nach deren Identität. Zwei Bilder sind genau dann identisch, wenn keine unterscheidenden Eigenschaften festzustellen sind. Identität bezeichnet somit den Extrempunkt einer Ähnlichkeitsrelation zwischen zwei oder mehreren Gegenständen, insofern sich identische Bilder nicht nur hinsichtlich mehrerer Merkmale (Ähnlichkeit), sondern aller Merkmale gleichen (Identität). Beim Vergleich zweier digitaler Bilder besteht in der Frage nach deren Identität die Problematik, dass eine Ähnlichkeitsabweichung hier bereits durch unterschiedliche Bildgröße, Auflösung, Kompression etc. entstehen kann. Wie also lässt sich bestimmen, ob zwei digitale Bilder identisch oder zumindest ähnlich sind?

Eine Möglichkeit besteht darin, einen Pixelvergleich vorzunehmen, d.h. Pixel für Pixel zu vergleichen. Hierfür werden die beiden zu vergleichenden Bilder gleichsam übereinandergelegt: Pixel, die denselben Farbwert besitzen, werden schwarz gefärbt, die anderen weiß, so dass die Abweichung, wie das erste Beispiel zeigt, deutlich sichtbar wird. Um dieses Verfahren zu demonstrieren, habe ich ein Bild Piet Mondrians modifiziert, indem ich die gelbe Farbfläche rot eingefärbt habe. Der Pixelvergleich offenbart den Unterschied auf den ersten Blick, zeigt ein weißes Dreieck (= der modifizierte Bereich) auf schwarzem Grund (= der unveränderte Bereich).

Pixelvergleich, Beispiel 1

Pixelvergleich1

Diese Art des Vergleichs stößt jedoch sehr schnell an seine Grenzen, wie das zweite Beispiel zeigt. Hier habe ich Claude Monets berühmte Seerosen um einen Pixel nach oben verschoben, so dass das gesamte Bild auf der ursprünglichen Bildfläche um einen Pixel nach oben gewandert ist, der obere Bildrand also abgeschnitten wurde und am unteren Bildrand eine ‚leere‘ Pixelzeile entstanden ist. Mit bloßen Auge ist kein Unterschied zwischen den beiden Bildern zu erkennen, doch da aufgrund dieser Verschiebung kein Pixel mehr am selben Platz ist, liefert der Vergleich eine beinahe maximale Differenz, eine weiße Fläche mit wenigen schwarzen Punkten.

Pixelvergleich, Beispiel 2

Pixelvergleich2

Eine andere Möglichkeit die Ähnlichkeit von Bildern zu bestimmen, besteht darin, deren Histogramme zu vergleichen. Das Histogramm eines Bildes gibt dessen Farbverteilung an, gibt also an, wie oft ein bestimmter Farbwert (RGB) oder Grauwert ((R+G+B)/3) im Bild vorliegt. Diese Verteilung kann als eine Art Fingerabdruck des Bildes betrachtet werden. Da ein Histogramm jedoch lediglich Informationen über die Farbverteilung, jedoch nicht über die Position der Bildpunkte beinhaltet, können verschiedene Bilder dasselbe Histogramm besitzen. Bilder, die gespiegelt oder gedreht wurden, werden aus diesem Grund als gleich erkannt, wie schließlich das dritte Beispiel veranschaulicht.

Histogrammvergleich, Beispiel 3
Histogrammvergleich

7 Antworten zu „Wann sind zwei Bilder gleich?“

  1. Hallo Ruth,
    mit welchen Tools machst du die Vergleiche (Pixel-Vergleich und Histogramm)?

    Für das Histogramm ist mir nur Photoshop bekannt. Aber vielleicht kann man das auch mit anderen Programmen machen. Möglicherweise unterscheidet sich das Ergebnis aufgrund der Berechnung?
    Viele Grüße
    Sabine

  2. Faszinierend und einleuchtend. Aber müßte die Grauwertformel nicht lauten: ((R+G+B)/3)? Sonst würde ja nur der Blauwert geteilt.

  3. Hi Ruth, den Vergleich dieser beiden Heuristiken finde ich sehr spannend, da habe ich gleich zwei Fragen:
    Im Fall des Histogramms wäre das im Grunde dann ein sekundäres Bild, das man wieder mit Pixelvergleich auf Identität überprüfen könnte, oder? Gibt es irgendein Tool, das sowas automatisch macht?
    Und was passiert, wenn man zwei Abbildungen des gleichen Bilds vergleicht, die aber mit leicht unterschiedlichen Einstellungen oder unter leicht unterschiedlichen Lichtverhältnissen gemacht wurden?

  4. Hallo Sabine, auch der Pixelvergleich ist mit Photoshop möglich. Man legt hierfür zwei Ebenen übereinander: Auf Ebene 1 befindet sich das Original, auf Ebene 2 das modifizierte Bild. Bei Ebene 2 wählt man in einem nächsten Schritt die Ebeneneigenschaft Differenz und setzt den Schwellenwert auf 1, so dass tatsächlich nur Pixel schwarz erscheinen, die auf beiden Ebenen denselben Farbwert aufweisen. Leider ist mir hierfür noch kein nicht-kommerzielles Tool bekannt, wobei das eigentlich nicht so aufwändig sein sollte. Falls jemand über ein solches Tool stolpern sollte, her damit!

  5. Danke, messerscharf beobachtet! Das bessere ich gleich aus.

  6. Hallo Christof, zu deiner ersten Frage: So gesehen ist das Histogramm tatsächlich ein sekundäres Bild, von dem man wieder ein Histogramm erstellen könnte u.s.w. Aber wenn ich schreibe, dass man einen Histogrammvergleich durchführen kann, um zwei Bilder miteinander zu vergleichen, dann meine ich damit, dass ich die Farb- bzw. Grauwertverteilung vergleiche. Von einem Histogramm kann ich z.B. ablesen, welcher Wert am seltensten/häufigsten vorkommt, was der mittlere Grauwert ist etc. Diese Werte sind es, die ich dann vergleiche. Deine zweite Frage trifft einen wunden Punkt: Hat man zwei ‚gleiche‘ Abbildungen, die jedoch insofern voneinader abweichen, als sie leicht unterschiedliche Farbwerte, Kontraste aufweisen, dann funktioniert der Histogrammvergleich natürlich nicht mehr und andere, komplexere Verfahren müssen her.

  7. […] “Zwei Bilder sind genau dann identisch, wenn keine unterscheidenden Eigenschaften festzustellen sind.” Wann aber sind sie ähnlich, sodass sie im Netz bei einer Bildsuche gefunden werden? blog.ruthreiche.de […]

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