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Kammäleon

Das Kammäleon ist ein Reptil, das zu den Leguanartigen innerhalb der Ordnung der Schuppenkriechtiere zählt. Es wird neben den echten Chamäleons und den Stummelschwanzchamäleons als eigene Unterfamilie innerhalb der Familie der Chamäleons jedoch nur selten systematisch beschrieben. Vermutlich liegt dies an der äußerst seltenen Verbreitung des Kammäleons. Mitunter wird gar seine Existenz bestritten.

Der Lebensraum des Kammäleons ist das Badezimmer. Das Kammäleon liebt feuchtes Klima und zieht sich gerne in Badezimmerschränke zurück, wobei eine Vorliebe für Bürsten und Kämme als Nistplatz zu beobachten ist. Auch wenn sein Lebensraum ohne den Menschen nicht denkbar ist, so wird er doch durch dessen tägliche Badroutine empfindlich gestört.

Ruth Reiche: Kammäleon, 2019
Fineliner und Buntstift auf Büttenpapier, 30×42 cm

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Ouroboros

Der Ouroboros, die sich selbst verschlingende Schlange, ist ein sehr altes Symbol, das ich hier spielerisch abgewandelt habe. Die Schlange verschlingt sich in meinen Zeichnungen nicht nur selbst, sie umschlingt sich auch, bildet fast so etwas wie einen gordischen Knoten – womit noch ein anderes altes Symbol ins Spiel kommt. Gezeichnet habe ich alle Exemplare in einer großen Geduldsübung Punkt für Punkt mit Fineliner auf Papier, Format 15 x 21 cm. Mich hat es während des Prozesses ungemein fasziniert, dass durch die Abwandlung in der Größe oder durch die Änderung der Dichte eines so einfachen Elementes, wie es der Punkt nun einmal ist, ein Muster entsteht, das ein unvorhersehbares Eigenleben führt und schließlich den Schlangenkörper kleidet.

Punktnatter.
Schwarzkopfpython.
Mumienschlange.


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Die Küchenuhr

Anfang des Jahres habe ich für den Otto-Ditscher-Kunstpreis in einem nächtlichen Marathon drei Illustrationen zu Wolfgang Borcherts Die Küchenuhr angefertigt. Ich hatte die Ausschreibung erst kurz vor der Abgabefrist gesehen und war als frisch gebackene Mutter eigentlich auch vollauf mit anderen Dingen beschäftigt, wollte aber trotzdem unbedingt mitmachen – für einen ewigen Frickler wie mich also eine echte Herausforderung. Leider hat es nicht geklappt (die diesjährigen Preisträger sind Peter Engel aus Regensburg und Sarah Deibele aus Halle). Einen Blogbeitrag haben die drei Bilder gegen Ende des Jahres dann aber doch mal verdient.

Die Bilder habe ich mit Pigmentliner auf Papier gezeichnet. Das Leitmotiv – die Küchenuhr – ist durchgängig auf allen drei Bildern zu sehen. Die von den Leuten ausgesprochenen Kernsätze tummeln sich mit in den Bildern, die gegenseitig aufeinander referenzieren anstatt eine strikte Chronologie einzuhalten.

Bild 1


Der steinige Lebensweg des jungen, doch alt aussehenden Mannes, führt vom paradiesischen Urzustand vorbei am Baum der Erkenntnis; von der Versuchung – der Schlange – heimgesucht beginnt ein Krieg, der Verwüstung und Verletzungen hinterlässt. Allmählich beginnen jedoch wieder Tulpen zu sprießen, die vorsichtig eine erneute, zerbrechlich wirkende Friedenszeit einläuten, in der wir uns – zumindest regional – momentan (noch) befinden.

Bild 2

Die Personen auf der Bank sind bei Borchert sehr unbestimmt, ein Mann, eine Frau, jemand. Daher habe ich mich dafür entschieden stilisierte Typen zu gestalten, einen Hipster, einen Banker und eine Mutter mit einem Neugeborenen. Sie alle leben in ihrer Blase, beschäftigt mit ihren Problemen, unfähig zu erkennen, dass sie handeln müssen, nicht nur zugucken. Sie sitzen im Sonnenschein. Man kann nur hoffen, dass ihnen rechtzeitig ein Licht aufgeht, das Licht, das angeht, wenn die Mutter des Protagonisten die Küche betritt.

Bild 3

Auf diesem Bild nimmt die titelgebende Küchenuhr den gesamten Raum ein, noch in der Küche an der gekachelten Wand hängend. Die Zeiger stehen auf halb drei, einer Zeit, die für den Protagonisten symbolischen Wert besitzt. Das Granatapfelmotiv verweist auf das Paradies, kann der Granatapfel als Symbol für die Einheit in der Vielheit doch als Frucht vom Baum der Erkenntnis gelesen werden.

Mappe


Dasselbe Motiv befindet sich auch auf der Vorderseite der eigens gestalteten Aufbewahrungsmappe, wobei die Uhr hier noch nicht stehen geblieben ist – die Zeiger lassen sich bewegen.

Borcherts sich auf den 2. Weltkrieg beziehenden Text ist nach wie vor aktuell und gewinnt gerade angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen zunehmend an trauriger Relevanz: Die Menschen in den westlichen Wohlstandsländern realisieren wieder einmal nicht, dass sie vergleichsweise paradiesische Zustände genießen. Statt füreinander einzustehen und Solidarität zu leben, grenzen sie sich gegenseitig aus; sie hoffen auf den Eintritt ins Paradies nach ihrem Tod, indem sie für den Dschihad kämpfen, oder wenden sich dem rechten, unrechten Rand der Gesellschaft mit seiner Fremden- und Islamfeindlichkeit zu.

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THE BIRD

Die Bildgeschichte THE BIRD hat eine etwas längere Entstehungsgeschichte hinter sich: Die Idee hierzu entstand bereits 2013 – und zwar als ich an meiner Dissertation geschrieben und mich mit dem Loop in der Medienkunst und dem Erzählen in Schleifen beschäftigt habe. Dies war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, dass sich Theorie und Praxis nicht gegenseitig blockieren, sondern bekräftigen. Nachdem ich Videoarbeiten wie Julian Rosefeldts THE SHIFT (2008) oder Stan Douglas JOURNEY INTO FEAR (2001) gesehen hatte, wollte ich unbedingt auch selbst eine Geschichte entwickeln, in der das Ende auf den Anfang verweist, ohne jedoch exakt an den Anfang zurückzuführen.

Die ersten Skizzen, die die einzelnen Schritte der Handlung beschreiben, waren schnell erledigt, doch die Ausarbeitung stockte immer wieder. Bislang hatte ich überwiegend einzelne Bilder hergestellt, schnelle Erfolgserlebnisse. Ich war es schlicht noch nicht gewohnt, so viele Bilder in exakt demselben Stil herzustellen. Erst vergangenes Jahr – sicher nicht zufällig nach der Publikation meiner Dissertation, die mich einiges an Disziplin und Durchhaltevermögen gelehrt hat – war ich soweit, auch dieses Projekt endlich durchzuziehen und Bild für Bild umzusetzen: Insgesamt entstanden so zwanzig Bilder, 25 x 25 cm, allesamt gezeichnet mit Pigmentliner, schwarzem Buntstift und stellenweisen Highlights aus rotem handgeschöpftem Papier.

THE BIRD entstand aus der Beschäftigung mit Film und Medienkunst. Wie ihr wisst, ist mein Medium nicht das bewegte Bild, sondern die Zeichnung. Die Videokunst, oftmals geprägt durch ihren Umgang mit Filmikonen, ist jedoch vertreten. Auch die Referenz auf Hitchcock dürfte ziemlich eindeutig sein, obwohl die Geschichte selbst letztlich überhaupt keine Gemeinsamkeiten mehr mit dem Horrorklassiker aufweist. Abgesehen davon, dass hier nur ein Vogel agiert, ist dieser zudem mehr Opfer als Täter. Er ist ein Gefangener auf der Suche nach Freiheit.

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Bert brecht Olt die Ohren (Skizzen und Ergebnis)

Manchmal ist es interessant, nicht nur das fertige Produkt zu sehen, sondern etwas über den Entstehungsprozess zu erfahren. Für das Künstlerbuch Bert brecht Olt die Ohren sind insgesamt 13 etwas aufwändigere Zeichnungen und über 25 kleinere Zeichnungen und handgeschriebene Texttäfelchen entstanden. Da das Zeichnen mit Pigmentliner keinerlei Korrekturen erlaubt, habe ich vorab meine Vorstellungen grob skizziert, um sie dann mit vielen Details spielerisch ins finale Medium umzusetzen. Hier drei Beispiele zum Vergleich:

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Ein Kaninchen namens Olt

Vor ungefähr drei Jahren habe ich eine Geschichte über den Künstler Bert und sein treues Kaninchen Olt geschrieben, die ich zur Zeit illustriere und die dann im Zentrum meiner Ausstellung im Braunschweiger Tatendrang-Laden stehen wird, auf die ich mich schon sehr freue. Als eine kleine Vorschau hierauf gibt es nun ein paar „transformierte“ Kaninchenbilder zu sehen – die Anführungszeichen deshalb, da Bert seine Olt-Fotografien digital bearbeitet, ich hier hingegen rein analog mit Bleistiftvorzeichnung und Fineliner gearbeitet habe, um zu verschiedenen Varianten desselben Motivs zu gelangen (ein wenig so wie bei den Bäumen).

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Der Transformation zweiter Teil

Vor einigen Wochen hatten Künstlerinnen und Künstler im Göttinger Umland ihre Ateliers für ein Wochenende lang geöffnet und ich habe hierbei einen Papiermacher in Asche kennengelernt: Andreas Kulpe. Da ich in den letzten Jahren zunehmend digital gearbeitet habe, hat mich die Haptik und Materialität der selbstgeschöpften Papiere sofort gefangen genommen. Ein rot eingefärbtes Spargelpapier – Papier aus echtem Spargel! – hat mich besonders in seinen Bann gezogen… faserig, löchrig… gesehen, gefühlt, gekauft und die Fliegenpilze weiter transformiert. Ihre Hüte bestehen nun aus dem roten Papier und die weißen Flocken sind indirekt dargestellt durch die Löcher im Papier. Seht her und fühlt es!

Pilzschnecke_Blog

Schneckenpilz_Blog

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Fliegenpilz-Transformation

Fliegenpilze sind giftig und wunderschön. Vor längerer Zeit habe ich Giftpilze gezeichnet, mit Bleistift, und beim tristen Herbstwetter bekam ich Lust, mit diesen Bildern weiterzuarbeiten. Dafür habe ich die Bleistiftzeichnungen zum Ausgangspunkt genommen, um eine lineare Zeichnung mit einem Fineliner anzufertigen. Auch die zeitanzeigende Schnecke der Küchenuhr habe ich ‚linearisiert‘ und Pilze und Schnecken schließlich digital zu einem in sich homogenen Bild zusammengefügt. Auf diese Weise wurden die Pilze nicht nur zeichnerisch transformiert, sondern auch inhaltlich: Die Schnecken erwachsen aus dem Pilz bzw. bildet der Pilz ihr Gehäuse.

Schneckenpilz:

Pilz01

Pilz03

Pilzschnecke:

Pilz02

Pilz04