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Grimm4Geeks

Am 28. September 2023 habe ich beim Text+ Plenary mit dem Motto „Connecting People and Data“ in Göttingen ein Poster von meinem neuen Projekt vorgestellt: Grimm4Geeks. In dem Projekt möchte ich erforschen, wie sich die Märchentexte der Brüder Grimm auf Basis syntaktischer und semantischer Textmerkmale „illustrieren“ lassen. Hier das Poster:

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Mix Pix #1

Word Clouds wurden in den letzten Jahren als “the gateway drug to textual analysis” gehandelt. Bei einer Word Cloud werden die einzelnen Wörter eines bestimmten Textes proportional groß zu ihrer Häufigkeit dargestellt, ausgenommen so genannter Stoppwörter, d.h. Wörter, die sehr häufig auftreten und in der Regel keine Rückschlüsse auf den Textinhalt zulassen wie etwa bestimmte oder unbestimmte Artikel, Konjunktionen oder Präpositionen.

Solche Word Clouds lassen sich mit frei verfügbaren Tools einfach generieren, z.B. mit Wordle oder den Voyant Tools, einem Toolkit zur Textexploration, bei dem sich sogar die Anzahl der angezeigten Wörter einstellen lässt.

Word Cloud mit 25 Wörtern, Voyant Tools, 2017

Word Cloud mit allen 360 Wörtern, Voyant Tools, 2017

Inwiefern Wortwolken für die Textexploration sinnvoll sind, darüber lässt sich streiten. Aber darum soll es hier auch gar nicht gehen. Vielmehr habe ich mich gefragt, ob sich das Prinzip nicht auch auf Bilder übertragen lässt, um einem Text eine Bildebene hinzuzufügen, die ihn einerseits illustriert, andererseits aber auch visualisiert – eine Fragestellung, die mich schon einmal umgetrieben hat.

Analysiere ich meine Kurzgeschichte Bert brach Olt die Ohren, die hier als Beispiel dienen soll, mit den besagten Voyant Tools, dann erfahre ich, dass sie aus insgesamt 580 Wörtern besteht, wovon 360 nur je einmal vorkommen, und dass Bert, Olt, digitalen, Ebene und rückgängig die fünf häufigsten Wörter sind. Bert kommt siebenmal vor, Olt fünfmal, digitalen, Ebene und rückgängig je dreimal.

Meine Idee besteht nun darin, die zentralen Begriffe eines Textes durch je ein Bild zu repräsentieren, so dass sich die verschiedenen Bilder sich zu einer Collage zusammenfügen, die ich Mix Pix nennen möchte. (Für einen Moment hatte ich überlegt, eine solche Bildcollage in Analogie zu Wordle Picle zu nennen, was im Deutschen aber doch sehr unschöne Assoziationen weckt.)

Ein solches Mix Pix habe ich beispielhaft für meinen Bert-Olt-Text entwickelt, wobei ich mich dafür entschieden habe, neben den Protagonisten Bert und Olt nur die beiden Wörter digitalen und rückgängig zu visualisieren und das Wort Ebene außen vor zu lassen, weil es mir im Vergleich weniger relevant erschien. Da ich meine Entscheidung aber nicht nur auf einen subjektiven Eindruck gründen wollte, habe ich noch einmal genauer hingesehen und festgestellt, dass die anderen Wörter noch jeweils in einer Variante vorkommen, sei es in ihrer Genitivform, etwa Berts (einmal) und Olts (zweimal), oder anderweitig flektiert, etwa digitaler (zweimal), oder aber in Form eines Synonyms, wie Undo (einmal) für rückgängig. Diese Beobachtung hat mich lange grübeln lassen, ob ich diese Varianten nicht auch in die Zählung einbeziehen sollte – und ja, ich habe mich dafür entschieden. Damit sind die Mix Pix mehr als bloße Statistik und mehr Illustration als Visualisierung. Und das sollen sie auch sein.

Nun aber endlich zur konkreten Umsetzung dieser ganzen doch etwas trockenen Überlegungen: Die passenden Bilder hatte ich praktischerweise schon parat, da ich den Text bereits Anfang vergangenen Jahres illustriert hatte, um ein kleines Büchlein zu gestalten. Also habe ich die entsprechenden Bilder quadratisch zugeschnitten und so skaliert, dass die Seitenlänge des Quadrats der jeweiligen Worthäufigkeit entspricht. Nach rein ästhetischen Gesichtspunkten habe ich die Bilder schließlich nebeneinander angeordnet und mit einer schwarzen Linie umrandet, um sie optisch besser voneinander abzugrenzen. Fertig ist das erste Mix Pix.

Mix Pix #1, Ruth Reiche, 2017

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Neuschnee

Neuschnee

Flockenflaum zum ersten Mal zu prägen
mit des Schuhs geheimnisvoller Spur,
einen ersten schmalen Pfad zu schrägen
durch des Schneefelds jungfräulicher Flur –

kindisch ist und köstlich solch Beginnen,
wenn der Wald dir um die Stirne rauscht
oder mit bestrahlten Gletscherzinnen
deine Seele leuchtende Grüße tauscht.

– Christian Morgenstern

Kindisch und köstlich ist es auch mit Processing zu experimentieren, um neue Pfade zu prägen. Diesmal habe ich damit herumgespielt, das als Leitthema stellvertretend ausgewählte Gedicht Morgensterns in eine visuelle Gestalt zu bringen, sprich Text in Bild zu transformieren. Dabei habe ich mich von der automatisierten Erzeugung von Farbpaletten inspirieren lassen, wie sie von Hartmut Bohnacker et al. in ihrem Buch bzw. der dazugehörigen Website Generative Gestaltung anschaulich vorgeführt wird.

Das Gedicht „Neuschnee“ besitzt 265 Buchstaben. Daher habe ich die Bildfläche in ein Raster mit 265 Farbfeldern unterteilt. Jedes Farbfeld repräsentiert also einen Buchstaben. Beim ersten Bild ist jedem Buchstaben eine bestimmte, zufällig generierte Farbe zugeordnet; beim zweiten Bild ein bestimmter, ebenfalls zufällig generierter Grauwert; beim dritten Bild schließlich habe ich zwischen Vokalen und Konsonanten unterschieden: Die Vokale erscheinen jeweils in einem Rotton, der zufällig in Sättigung und Helligkeit variiert, die Konsonanten hingegen in einem komplementären und ebenfalls in Sättigung und Helligkeit changierenden Blauton.

Random Colors

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Random Black & White

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Vowels and Consonants

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Vincent van Gogh digital

Vincent van Gogh (1853-1890) zählt zu denjenigen Künstlern, die während ihrer gesamten Schaffenszeit immer wieder auch Selbstporträts angefertigt haben. Die Selbstporträts van Goghs sind dabei nicht nur bloße Abbildung seines Äußeren, sondern vielmehr Selbstreflexionen. Aus diesem Grund erscheint es mir lohnenswert, seine Selbstporträts einer digitalen Spiegelung zu unterziehen, d.h. die Pixel ihrer digitalen Repräsentationen nach Farbtönen zu sortieren. Hierfür habe ich testweise zwei Selbstporträts aus dem Jahr 1887 ausgewählt, die sich in ihrer Komposition stark ähneln, in der Farbgebung aber deutlich unterscheiden.

Selbstporträt mit Filzhut

Vincent van Gogh - Self-portrait with grey felt hat - Google Art Project

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Selbstporträt mit Strohhut

Van Gogh Self-Portrait with Straw Hat 1887-Metropolitan

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Mona Lisa mal anders

Die Mona Lisa von Leonardo da Vinci, wer kennt sie nicht. In Paris, im Louvre, gesichert hinter Glas und einer Absperrung, kann man sie, meist von einer Traube Selfies schießender Menschen umringt, nur selten ungestört betrachten.

Einen anderen Blick erlaubt ihre digitale Repräsentation, die zwar der Aura des Originals entbehrt, dafür aber aus Pixeln besteht, rasterförmig angeordneten Einheiten, denen je ein Farbwert zugeordnet ist. Das Schöne daran: Diese Pixel lassen sich sortieren, etwa nach Helligkeit, Sättigung und Farbton.

ORIGINAL
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HUE
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SATURATION
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BRIGHTNESS
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Alice im Wunderland: Ein zweiter Versuch…

Auf meinen allerersten Versuch, Alice’s Adventures in Wonderland auf illustrative Weise zu visualisieren, folgt nun ein zweiter Versuch, der mehr Visualisierung als Illustration ist, der aber – wie ich denke – eine gute Basis für weitere, stärker illustrativ angelegte Versuche bildet. Ziel dieses zweiten Versuchs ist es, alle Charaktere des Buches visuell hervorzuheben, um zu sehen, an welcher Stelle welche Charaktere vorkommen und womöglich interagieren. Die vorkommenden Charaktere werden durch jeweils andersfarbige Quadrate dargestellt, alle anderen Wörter durch schwarze Punkte. Jedes Wort ist also durch ein Zeichen repräsentiert. Die Anordnung entspricht hierbei der gewohnten Leserichtung. Die gewählten Farben sind zufallsgeneriert, besitzen also keinerlei symbolischen Charakter noch entsprechen sie etwaigen wahrnehmungsphysiologischen Anforderungen. Da die Charaktere hier nur durch Farben dargestellt sind, nicht durch für sich selbst sprechende Bilder, wird zudem eine Legende benötigt, um die Visualisierungen entschlüsseln zu können. Die Sternchen markieren das jeweilige Kapitelende.

Die kapitelweisen Visualisierungen habe mit Processing erstellt und als Textgrundlage hierfür The Millenium Fulcrum Edition 3.0 vom Project Gutenberg genutzt. Der eingelesene Text wird in einem ersten Schritt aufbereitet (Satzzeichen, Absätze etc. entfernt) und schließlich nach Wörtern durchsucht, was einige Entscheidungen mit sich bringt. Da etwa das weiße Kaninchen mal als White Rabbit, mal als Rabbit bezeichnet wird, habe ich mich dafür entschieden, nur nach Rabbit zu suchen und dieses Wort durch ein farbiges Quadrat darzustellen, um die Häufigkeit von Doppelwort-Charakteren in der visuellen Darstellung nicht fälschlicherweise in die Höhe zu treiben. Dies betrifft auch Cheshire Cat, Queen of Hearts, Mad Hatter, Mary Ann, March Hare oder Mock Turtle. Bei den guinea-pigs hingegen besteht bei einem einfachen Abgleich der Strings die Gefahr einer Verwechslung mit dem pig, einem anderen Charakter, weshalb ich in diesem Fall nur nach guinea gesucht habe. Da ich die Legende automatisiert erstellt habe, um Fehler in der Farbzuordnung zu vermeiden, sind hier die genutzten Suchwörter vermerkt, nicht die vollen Namen der Charaktere.

 

Chapter I. Down the Rabbit-Hole
Chapter I. Down the Rabbit-Hole

 

Chapter II. The Pool of Tears
Chapter II. The Pool of Tears

 

Chapter III. A Caucus-Race and a Long Tale
Chapter III. A Caucus-Race and a Long Tale

 

Chapter IV. The Rabbit Sends in a Little Bill
Chapter IV. The Rabbit Sends in a Little Bill

 

Chapter V. Advice from a Caterpillar
Chapter V. Advice from a Caterpillar

 

Chapter VI. Pig and Pepper
Chapter VI. Pig and Pepper

 

Chapter VII. A Mad Tea-Party
Chapter VII. A Mad Tea-Party

 

Chapter VIII. The Queen's Croquet-Ground
Chapter VIII. The Queen’s Croquet-Ground

 

Chapter IX. The Mock Turtle's Story
Chapter IX. The Mock Turtle’s Story

 

Chapter X. The Lobster Quadrille
Chapter X. The Lobster Quadrille

 

Chapter XI. Who Stole the Tarts?
Chapter XI. Who Stole the Tarts?

 

Chapter XII. Alice's Evidence
Chapter XII. Alice’s Evidence

 

Legende
Legende

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Ein allererster Versuch…

Wer mich kennt, der weiß, dass ich gerne verschiedene Bereiche miteinander verbinde: Handzeichnung und Computergrafik, Kunstgeschichte und Erzähltheorie, Geisteswissenschaft und Informatik. Und nun: Illustration und Visualisierung. Das ist eine Verbindung, über die ich in letzter Zeit viel nachgedacht habe und die ich gerne zu einem größerem Projekt ausbauen möchte.

Ein paar Gedanken hierzu: Manche Texte werden illustriert, manche visualisiert – beides zu einem unterschiedlichem Zweck: Buchillustrationen etwa fügen einem Roman eine bildliche Ebene hinzu, wobei häufig zu beobachten ist, dass diejenigen Handlungsabschnitte eine Illustration erfahren, die Schlüsselszenen darstellen. Visualisierungen hingegen werden genutzt, um Muster oder Zusammenhänge in einem großen und damit unübersichtlichen Datensatz sichtbar zu machen. Illustrationen wie Visualisierungen können also als Transformationen von einem Medium in ein anderes, in diesem Fall von einem Text- in ein Bildmedium begriffen werden. Ich frage mich deshalb: Kann es auch so etwas wie eine Mischform zwischen Illustration und Visualisierung geben?

Natürlich denke ich, dass es eine solche Mischform geben kann, und möchte daher nun meinen titelgebenden allerersten Versuch präsentieren, das erste Kapitel von Lewis Carrolls Alice’s Adventures in Wonderland (1865) nicht nur visuell, sondern tatsächlich bildlich zu veranschaulichen, indem ich Bilder indexikalisch nutze, d.h. jedes einzelne Wort durch ein kleines Bild darstelle. Die Aussage und Wirkung des so entstehenden Gesamtbildes wird dabei stark davon beeinflusst, welche Bilder stellvertretend für welche Worte stehen: Nutzt man z.B. das Gender-Symbol für Alice, einen eigens umgestalteten rotäugigen Playboy-Hasen für das weiße Kaninchen und ersetzt alle anderen Wörter lediglich durch schwarze Kreise, wird beispielsweise unmittelbar die Frage danach aufgerufen, wie sich das Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Figuren in Carrolls Text gestaltet, humorvoll (oder vielleicht auch eher fragwürdig) zugespitzt durch die Konnotationen, die mit dem Playboy-Symbol einhergehen; die schwarzen Kreise sorgen zudem für einen (zugegebenermaßen unbedachten) optischen Effekt, beruhend auf einer Kontrastverstärkung.

Alice_Blog

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Neun Geschichten, neun Netzwerke

Daniel Kehlmanns RUHM (2009) besteht aus neun einzelnen Geschichten, Episoden, deren Figuren teils überlappen bzw. in einer Beziehung zueinander stehen – sei es, dass Leo Richter, ein Schriftsteller, in der einen Geschichte von einer seiner Romanfiguren erzählt, es sich bei einer anderen dann um die Geschichte ebendieser Romanfigur handelt, oder dass eine Geschichte das Doppelleben eines Abteilungsleiters einer Telekommunikationsfirma schildert, dessen einer Mitarbeiter dafür verantwortlich ist, dass eine Rufnummer nicht korrekt vergeben wurde, was sich wiederum in anderen Geschichten folgenreich widerspiegelt. Zwanzig Figuren konnte ich bereits 2013 als auf derartige Weisen miteinander verstrickt identifizieren und diese Verstrickung mittels einer Netzwerkvisualisierung anschaulich darlegen.

Was ich nun näher anschauen möchte, sind die jeweiligen Personennetzwerke der einzelnen Geschichten. Hierfür habe ich alle vorkommenden Figuren und ihre Beziehungen innerhalb einer Episode erfasst und mit gephi visualisiert. Die zwanzig als zentral identifizierten Figuren haben Profilbilder erhalten, alle anderen werden durch farbige Kreisflächen dargestellt. Die Farbe der Kreisflächen entspricht den 2013 zugewiesenen Kapitelfarben. Die Art der Beziehungen – Ehe, Liebesbeziehung, Gespräch, Blickkontakt etc. – habe ich (noch) nicht gewichtet, so dass die Verbindungslinien alle gleich dick sind und so nur die Anzahl, nicht aber die Art der Beziehung auf die Größe der Knoten im Gesamtgefüge zurückwirkt. Als Algorithmus für die Anordnung habe ich mich für Fruchtermann-Reingold entschieden, da das entstehende Layout gut vergleichbar ist.

Im Vergleich ermöglichen es diese Visualisierungen einen Überblick über die Dichte der jeweiligen Personennetzwerke und die Verteilung der zentralen Figuren zu gewinnen. So ist z.B. auffällig, dass Miguel Auristos Blancos, Autor moderner Erbauungsliteratur, in fast jeder Geschichte am Rande mitspielt, insofern alle seine Bücher lesen, er in seiner eigenen Geschichte – Antwort an die Äbtissin – jedoch nur ein sehr kleines Netzwerk besitzt, in dem keine anderen zentralen Figuren vorkommen. Ähnlich verhält es sich mit Rosalie in Rosalie geht sterben und Maria Rubinstein in Osten, gegenteilig hingegen in Ein Beitrag zur Debatte, einer Episode des Buches, in der viele Fäden zusammenlaufen.

Stimmen
STIMMEN

In Gefahr
IN GEFAHR

Rosalie geht sterben
ROSALIE GEHT STERBEN

Der Ausweg
DER AUSWEG

Osten
OSTEN

Antwort an die Äbtissin
ANTWORT AN DIE ÄBTISSIN

Ein Beitrag zur Debatte
EIN BEITRAG ZUR DEBATTE

Wie ich log und starb
WIE ICH LOG UND STARB

In Gefahr II
IN GEFAHR II

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Smaragdisierung

Hier kommt nun die Fortsetzung des Blogbeitrages Kristallbild. Ausgehend von konkret und materiell vorliegenden Buchseiten, sind vier Kristallzeichnungen entstanden. Da Deleuze an einer Stelle von Smaragden spricht, von grünen Kristallen, habe ich die entstandenen Kristallzeichnungen grün eingefärbt. Fertig ist das Experiment!

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Kristallbild

Langweilige Zugfahrten bringen es manchmal mit sich, dass man auf (gute) Ideen kommt. Letztens hatte ich mein Skizzenbuch dabei, doch spannende Motive waren nicht in Sicht, so dass ich damit anfing vor mich hin zu kritzeln. Ich zeichnete Punkte, verband sie mit Linien, versuchte die entstandene Fläche dreidimensional darzustellen und fand schließlich zu einem systematischen Verfahren, um kristallin aussehende Formen entstehen zu lassen. Nachdem ich das Prinzip x-mal durchgespielt habe, hat es mich gestört, dass ich die Punkte, die zu Beginn eines jeden Kristalls stehen, beliebig setze, ihre Anordnung zufällig ist. Wäre es nicht interessanter, wenn sie durch irgendetwas vorgegeben wären? Dieses irgendetwas war schnell gefunden: Betrachtet man eine Buchseite und markiert bestimmte Wörter, dann erhält man gewissermaßen solche Ausgangspunkte. Musste also nur noch ein Buch her, das sich mit Kristallen beschäftigt, so dass nicht nur eine rein formale, sondern eine semantisch aufgeladene Bild-Text-Relation entsteht. Chemie? Nein, Deleuze!

Gilles Deleuze, ein moderner Klassiker. In seinem Buch Das Zeit-Bild. Kino 2 (dt. 1997, orig. 1985) prägt er den Begriff des Kristallbildes. Dieser besonderen Form des Zeit-Bildes widmet er sein viertes Kapitel. Ich habe mir hier das erste Unterkapitel vorgenommen und alle Wörter markiert, die mit Kristallen zu tun haben (Kristallbild, kristallin, kristallisieren etc.). In meiner Ausgabe (Suhrkamp) häufen sich derartige Wörter besonders auf den Seiten 96, 99, 103 und 104, weshalb ich beschlossen habe, diese Buchseiten zu kristallisieren. Ich habe Transparentpapier über die Seiten gelegt, und an Stelle jedes markierten Wortes einen Punkt gesetzt, die die Ausgangspunkte für die Zeichnung bilden. Entstanden sind vier verschiedene Kristalle, die in direkter Relation zum Text stehen.

Der erste Kristall zeigt das Verfahren, macht das Schema deutlich, aber auch, dass ausgehend von einer Grundform unzählige Variationen möglich sind, insofern zwar die Anzahl, aber nicht der Winkel und die Länge der abgehenden Striche vorgegeben sind. Zudem sind die vier Kristalle Handzeichnungen, keine lupenreinen Kristalle. Doch das steigert ihren Wert.

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